Problem-Patienten: Tipps für mehr Souveränität und Gelassenheit
Nicht jeder Patient macht es Ärzten und Mitarbeitern leicht, gelassen und
freundlich zu bleiben. Doch gerade bei schwierigen Patienten ist es wichtig,
Emotionen und Gesprächsgegenstand konsequent zu trennen. Erfahren Sie hier,
welche typischen "schwierigen Patienten" es gibt und wie Sie mit
ihnen souverän begegnen können.
Dieser Beitrag von Dr. Nina Mörsch, coliquio-Redaktion, basiert auf einem Artikel aus der Reihe "Schwierige
Patienten", der Zeitschrift Lege Artis des
Thieme Verlags.
Typ 1: Die Ausschweifenden
Patienten, die ihre Krankengeschichte sehr ausführlich erzählen, schnell
abschweifen oder ihre Beschwerden übertrieben schildern, benötigen viel
Zuwendung:
- Seien
Sie besonders aufmerksam und achten Sie darauf, dass relevante
Informationen nicht untergehen.
- Lenken
Sie sanft zum Ziel des Gesprächs, indem Sie den Wunsch des Patienten
ansprechen. Hilfreich können Sätze sein, wie „Mein Vorschlag wäre, dass
wir zunächst bei den Kopfschmerzen bleiben und Sie versuchen, meine Fragen
möglichst kurz zu beantworten.“
- Stellen
Sie Ihre Fragen möglichst konkret: „Wie war das denn gestern, hatten Sie
nach dem Mittagessen Sodbrennen?“, „Was mich interessiert: Bekommen Sie Luftnot beim Treppensteigen?“ oder auch „Was genau
möchten Sie heute besprechen?“.
Mit folgenden Maßnahmen lässt sich ein Redeschwall sanft unterbrechen:
- Patienten
anschauen und mit Namen ansprechen, notfalls z.B. am Arm berühren.
- Gesagtes
kurz zusammenfassen: "Ich höre es ist Ihnen sehr wichtig, genau über
Ihre Beschwerden zu berichten."
- Gespräch
strukturieren, Ziel nennen: "Es gibt sehr viele wichtige Themen, aber
unsere Zeit ist begrenzt. Ich würde sie gern nutzen, um zu erfahren, wie
es Ihnen geht."
- Einverständnis
einholen: "Sind Sie damit einverstanden, dass wir so
weitermachen?"
- Bei
weiteren Unterbrechungen freundlich auf die Vereinbarung verweisen:
"Jetzt sind wir schon wieder bei den Erkrankungen anderer
gelandet."
Typ 2: Die Anspruchsvollen, Besserwisser und Misstrauische
Seit ein paar Jahren ist das Internet in Sachen Gesundheit
Informationsquelle Nummer eins. Für Ärzte eine besondere Herausforderung:
Patienten können nicht immer zwischen seriösen und unseriösen Quellen
unterscheiden. Hier gilt es, den Patienten mit seinem Problem ernst zu nehmen
und aufzuzeigen, dass Eigenengagement durchaus wichtig ist. Zum anderen sollte
aber auch klar vermittelt werden, dass Informationen aus dem Internet die
ärztliche Beratung nicht ersetzen können. Erschwerend kommt hinzu, dass
übertrieben misstrauische Patienten tendenziell eher Negatives von ihrem
Gegenüber erwarten.
- Beteiligen
Sie diese Patienten explizit an der Entscheidungsfindung, erläutern Sie
die Alternativen. Formulierungsbeispiele sind: „Ich finde es gut, wenn
Patienten selbst mitdenken“ oder „Entscheiden werden das immer Sie.“
- Auch
wenn Sie das Verhalten des Patienten als rücksichtslos oder verletzend
empfinden - vermitteln Sie ihm das Gefühl, die Situation kontrollieren zu
können: „Wenn Sie möchten, zeige ich Ihnen gern den Laborbericht im
Original".
- Räumen
Sie Zweifel an Ihrer Kompetenz aus, indem Sie Ihren Werdegang darstellen
und erklären, wie viel Erfahrung Sie mit dieser Behandlung bereits haben.
- Wenn
die Ansicht des Patienten etwa zur indizierten Therapie falsch ist,
versuchen Sie durch geschicktes Fragen Sachlichkeit in die Diskussion zu
bringen: „Sie sagen …– habe ich Sie da richtig verstanden?“. Wenn nötig,
kann man widersprechende Positionen suggestiv oder als Differenzierung zur
Meinung des Patienten einbringen: „Sie haben recht, mit Medikamenten muss
man vorsichtig umgehen. Ich sehe es wie Sie, dass man nur das unbedingt
Notwendige nehmen sollte“ oder „Das höre ich so zum ersten Mal. Meiner
Erfahrung nach ist es sinnvoller, …“.
- Ein
gutes Argument ist immer der individuelle Verlauf: „Sie wissen bestimmt,
dass Krankheitsverläufe ganz unterschiedlich sein können – eine für alle
Fälle gültige Antwort im Internet kann es da gar nicht geben.“
Wichtig: Informieren Sie sich vor jedem
Gespräch über die Patientengeschichte und über aktuelle Absprachen mit anderen
Ärzten. So beugen Sie möglichem Misstrauen vor.
Typ 3: Die Unsicheren
Unsichere Patienten widersprechen dem Arzt nicht, sind mit seinen
Vorschlägen einverstanden und wollen nicht viel über ihre Krankheit wissen. Für
die Behandlung kann das problematisch und frustrierend sein, etwa wenn sie die
verschriebenen Medikamente nicht nehmen oder sich nicht an ärztliche
Empfehlungen halten.
Grund dafür ist manchmal, dass sie den Arzt einfach nicht genau
verstanden haben und sich nicht trauen, nachzufragen. Zwar gibt es bislang
keinen „Goldstandard“ für das Erreichen von Therapietreue. Aus den bislang
bekannten Ursachen lassen sich aber
Mit welchen der genannten Patiententypen sind Sie in Ihrer Praxis am
häufigsten konfrontiert?
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7 Tipps
zur Stärkung der Adhärenz von Patienten >>
Adhärenz stärken: So unterstützen Sie chronisch Kranke bei der
Therapietreue
Patienten mit einer chronischen Erkrankung müssen Therapien langfristig einhalten
- auch wenn keine akuten Beschwerden spürbar sind. Tatsächlich verhalten sich
aber nur ungefähr 60 Prozent der chronisch kranken Patienten uneingeschränkt
therapietreu, wie eine Studie des Bremer Instituts für Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung
GmbH ergab. Noch gibt es keinen "Goldstandard", mit dem sich die
Adhärenz (auch Compliance) von Patienten stärken lässt. Aus den bislang
bekannten Ursachen lassen sich aber einige hilfreiche Maßnahmen ableiten.
Eine gute Arzt-Patienten-Kommunikation steht an oberster Stelle
Diese
Meinung teilen viele coliquio-Nutzer. Patienten, die sich informiert fühlen und in die Therapieentscheidung mit
einbezogen werden (Stichwort "Partizipative
Entscheidungsfindung"), halten häufiger an einer Therapie fest. Folgende
Tipps unterstützen das ärztliche Gespräch mit dem Patienten:
1. Gut investierte
Zeit: Therapieziele klar und verständlich formulieren
Nehmen Sie sich Zeit und erklären Sie genau, wozu die Medikamente dienen und
was mit der Einnahme oder einer Therapiemaßnahme erreicht werden soll. Patienten
sollten auch wissen, weshalb das Medikament nicht einfach abgesetzt oder die
Dosis reduziert werden sollte, auch dann nicht, wenn keine Symptome oder
Beschwerden vorliegen. Dies Zeit für das ausführliche Gespräch ist gut
investiert: Patienten die detailliert über die Hintergründe ihrer Therapie
Bescheid wissen, haben ein größeres Vertrauen in ihre Ärzte und nehmen laut der
Bremer Studie die Medikamente meist wie besprochen
ein.
2. Risiken und
Nebenwirkungen offen ansprechen
Sprechen Sie über mögliche Risiken und Nebenwirkungen einer Behandlung. Geben
Sie hier auch offen Ihre eigenen Erfahrungen mit dem Medikament bei anderen
Patienten weiter. So können Sie einerseits vermeiden, dass Patienten zuhause
beim Lesen des Beipackzettels verunsichert werden. Zum anderen greifen Sie
durch eine umfassende Aufklärung einer Beratung durch den Apotheker vor - denn
laut der Bremer Befragung wirkt sich diese oft negativ auf die Compliance aus.
3. Patienten zum
Nachfragen bei Nebenwirkungen motivieren
Signalisieren Sie Ihren Patienten, dass sie Sie jederzeit auch außerhalb eines
Termins kontaktieren können, falls es weitere Fragen gibt oder wenn
Nebenwirkungen auftreten. Denn mit dem Medikament verbundene Nebenwirkungen
können zum eigenmächtigen Abbruch der Therapie führen.
4. Sprache dem
Patienten anpassen
Viele Patienten scheitern schon an gängigen medizinischen Fachbegriffen. Versuchen
Sie daher, Nutzen und Risiken der Therapie in einer für den Patienten klar
verständlichen Sprache zu kommunizieren. Scheuen Sie sich nicht, Fachbegriffe
in einfache Wörter zu "übersetzen". Mit Hilfe von Bildern lassen sich
die Hintergründe einer Erkrankung oder die Wirkweise eines Medikaments
verdeutlichen. Auf coliquio finden Sie einige
medizinische Schaubilder, die in dieser Situation für Sie nützlich sein können.
Ein coliquio-Arzt hat außerdem gute Erfahrung damit
gemacht, Patienten mit eigenen Worten das Erklärte wiederholen zu lassen und
die besprochenen Details schriftlich mitzugeben.
5. Erstellen eines
Medikamentenplans
Die Leitlinie
zur hausärztlichen Gesprächsführung rät dazu, klare
schriftliche Anweisungen für Patienten zu erstellen. Ein Plan könne helfen,
Fehler zu vermeiden, die durch Vergessen oder falsches Verstehen auftreten
können. Teilen Sie Ihrem Patienten in diesem Zusammenhang auch mit, wie wichtig
es ist, dass Sie über alle Medikamente informiert sind, die er einnimmt. Der
Sozialverband VdK Deutschland stellt beispielsweise
einen Vordruck bereit: zum Medikamentenplan
>>
6. Familienangehörige
mit einbeziehen
Familie und soziales Umfeld können chronisch erkrankte Patienten bei der Therapietreue
wesentlich unterstützen. Schlagen Sie daher ein weiteres Gespräch mit engen
Familienangehörigen vor, damit auch diese die Situation besser verstehen und
notwendige Therapiemaßnahmen sowie Änderungen des Lebensstils mittragen.
7. Nützliche Helfer
für vergessliche Patienten
Raten Sie Ihren Patienten, die Einnahme der Medikamente an eine tägliche Routinehandlung
zu knüpfen. Die Einnahme könnte beispielsweise vor oder nach den Mahlzeiten
erfolgen. Auch das Stellen eines Weckers oder das Nutzen von medizinischen Apps zur Erinnerung bietet sich an. So wird das Medikament
auch im Urlaub, wenn der Alltag fehlt, nicht vergessen. Eine
Auswahl von Smartphone-Apps zur Adhärenz-Förderung
stellen wir aktuell in unserem Infocenter Medizinische Apps
vor.
Übrigens: Experten fordern sogar, dass
Therapietreue Eingang in den Katalog primärer Endpunkte in randomisierten
kontrollierten Studien zur Wirkung und zum Nutzenpotenzial neuer Medikamente
und anderer Therapeutika findet. Statt immer mehr Therapeutika mit zum Teil
geringen Zusatznutzen zu entwickeln, sollte lieber darauf geachtet werden, dass
bereits verfügbare Arzneimittel optimal nutzbringend eingesetzt werden. Denn
die gesundheitlichen Nachteile von Non-Adhärenz können auch mit neuen
Wirkstoffen nicht unbedingt aufgewogen werden.
Patienten-Wartezeiten in der Praxis verkürzen: So funktioniert´s
Patienten wünschen sich schnell einen Termin, kurze Wartezeiten und viel
Zeit mit dem Arzt. Diesen Ansprüchen gerecht zu werden, ist für Arzt und Team
keine leichte Aufgabe. Lesen Sie hier, wie Sie Ihre Terminplanung optimieren,
um die Wartezeit in Ihrer Praxis zu verkürzen und auf diese Weise selbst mehr
Freizeit gewinnen.
Dieser Beitrag basiert auf Informationen des Ärztlichen
Qualitätszentrums der Ärztekammer Oberösterreich1 sowie Tipps der Trainerin für Praxismanagement Dipl.-Psychologin
Katharina Hartig.2,3
Analyse des Status Quo: Wo liegen die
„Zeitfresser“?
Um kürzere Wartezeiten zu erreichen, empfehlen die Experten zunächst
eine selbstkritische Bestandsaufnahme der Terminplanung sowie der anfallenden
Warte- und Behandlungszeiten. Folgende Fragen sind für die Analyse hilfreich:
·
Wie lange sind die Wartezeiten mit und ohne Termin?
·
Wie ist das Verhältnis von Termin zu ungeplanten bzw.
dazwischengeschobenen Patienten?
·
Zu welchen Tageszeiten oder Wochentagen ist das Patientenaufkommen am
größten?
·
Gibt es Pufferzeiten im Terminplaner?
·
Wie häufig werden Sprechstundenzeiten – morgens und abends –
überschritten?
·
Gibt es unterschiedliche Terminarten– und längen oder werden alle
Patienten in regelmäßigen Abständen einbestellt?
·
Wie oft werden zumutbare Wartezeiten überschritten (>30 min)?
·
Werden die vorgesehenen Taktzeiten eingehalten?
Checkliste: 12 Empfehlungen für kürzere Wartezeiten
Folgende Punkte haben sich in Praxen mit funktionierender Terminplanung
und Ablauforganisation bewährt:
1. Terminraster
einführen: Vergeben Sie Termine mit
unterschiedlichen Längen, je nach Leistung und Bedarf des Patienten (kurz: 3–4
Minuten; mittel/normal: ca. 10 Minuten; Lang- oder Doppeltermin: 15 Minuten und
mehr). Damit die Mitarbeiter die Dringlichkeit eines Termins besser einschätzen
können, empfiehlt sich eine entsprechende Schulung.
2. Pufferzeiten
einplanen: Planen Sie ausreichend Puffer für
Unvorhergesehenes ein. Wie viel Zeit dafür nötig ist, lässt sich aus der
Analyse des Terminsystems ableiten. Viele Kollegen bieten extra eine
Akutfallsprechstunde an, um "zwischengeschobene" Patienten zu
vermeiden.
3. Terminvergabe an
Stoßzeiten orientieren: Vergeben Sie an Tagen, an denen sich
erfahrungsgemäß die Wartezeiten häufen (Montag), weniger reguläre Termine.
4. Offene
Sprechstunden nach Bedarf einrichten: Ist ein erhöhter Arbeitsanfall
zu erwarten, wie bei einer Grippewelle, bieten Sie zusätzlich offene
Sprechstunden an.
5.
Terminerinnerung einführen: Erinnern Sie langzeitterminisierte Patienten
per E-Mail oder Telefon am Tag zuvor an den Termin. Wie Sie bei wiederholt
unentschuldigtem Fehlen vorgehen können, lesen Sie in dem Infocenter-Beitrag„Terminuntreue
6.
Patienten: Tipps zur Vermeidung von Ausfällen“.
Stand-by-Liste führen mit flexiblen Patienten: Fällt ein Patient mit einem längeren Termin aus, lässt sich die Lücke
eventuell mit einem kurzfristig verfügbaren Patienten füllen.
7.
Taktzeiten einhalten: Erscheinen Sie möglichst pünktlich und achten Sie
darauf, Termine nicht zu überziehen. Manche Praxen nutzen ein internes
Frühwarnsystem, um dem Arzt ein Signal zu geben, wenn es mal länger dauert.
8.
Störungen während der Untersuchung vermeiden: Um Unterbrechungen während der
Behandlung zu vermeiden, können Rezepte auch zwischen den Patientenkontakten
unterschrieben werden. Für Anrufer bietet sich eine Rückrufliste an, die zu
festgelegten Zeiten abtelefoniert wird. Abhilfe schafft hier auch eine tägliche
Telefon- oder Online-Sprechstunde.
9.
Informationsblätter auslegen: Patienteninformationen im
Wartezimmer verkürzen möglicherweise die Beratungszeit und die vom Patienten
subjektiv wahrgenommene Wartezeit. Eine Liste nützlicher Informationsblätter
und – broschüren finden Sie hier auf coliquio.
10. Patienten an praxisinterne Regelungen gewöhnen: Erklären Sie Ihren Patienten
freundlich aber bestimmt, dass Rezepte nur nach Vorbestellung (per Rezept-AB,
Mail, Fax) ausgegeben werden können.
11. Folgetermine
vereinbaren: Schon in der Praxis sollten weitere notwendige Termine vereinbart werden.
12. Verbindliche
Absprachen konsequent einhalten: Damit Terminplanung und Ablauforganisation reibungslos funktionieren,
müssen alle Teammitglieder die Vereinbarungen konsequent umsetzen. Hierfür ist
es sinnvoll, die Absprachen schriftlich festzuhalten. Dann finden sich auch
neue Mitarbeiter schnell ein.
Wenn es doch mal länger dauert: Patienten unaufgefordert informieren
Wenn es trotz sorgfältiger Planung zu Wartezeiten von mehr als 30 Minuten
kommt, rät die Expertin dazu, Patienten unaufgefordert zu informieren. Das
bedeutet: Wartenden, eintretenden und noch bestellten Patienten telefonisch die
Verzögerung mitzuteilen, um unnötige Wartezeiten in der Praxis zu vermeiden.
Weiterführende Informationen:
Weitere wichtige Tipps, wie Sie das Verhältnis zu schwierigen
Patienten entspannen können >>, lesen Sie hier:
Jeder Arzt kennt sie: Patienten, die sehr
viel Aufmerksamkeit und Zuwendung benötigen, einen nicht zu Wort kommen lassen
oder alles besser wissen. Schnell verbucht man diese Fälle unter „schwierige
Patienten“. Doch Experten mahnen: Eine problematische Beziehung ist häufig
nicht allein dem Patienten geschuldet. Auch das eigene Verhalten gilt es zu
hinterfragen. Lesen Sie hier, welche Gründe hinter auffälligem Verhalten
stecken können und was Sie selbst für eine entspannte
Arzt-Patienten-Beziehung tun können.
Definition: Was ist überhaupt ein schwieriger Patient?
Als schwierig empfundene Patienten lösen Ärger, Frust, Wut, Überforderung oder
Hilflosigkeit bei Ihnen als Arzt aus. Auch wenn nicht jedes inadäquate
Verhalten des Patienten akzeptiert werden muss: Gerade als Arzt gilt es
weniger, Patienten zu beurteilen, sondern eher nach den Gründen für bestimmte
Verhaltensweisen zu forschen. So scheint ein Teil der schwierigen Patienten
psychische Auffälligkeiten zu zeigen – was für den Umgang aber für
Nicht-Psychiater weniger relevant sein sollte. Andererseits kommen häufig auch
nicht-medizinische Gründe für das Verhalten infrage. Prof. Hans-Wolfgang Hoefert nennt in seinem Buch „Schwierige Patienten“
beispielsweise:
·
soziale Isolation
·
Verschreibung von Arzneimitteln im Sinne eines
Drogengebrauchs
·
Bedürfnis nach „sekundärem Krankheitsgewinn“, das zu
vermehrter Zuwendung (auch durch die Familie) oder zu Krankschreibung führt
·
generelle Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben, die sich
symptomatisch immer wieder neu manifestiert, ohne durch die Symptombehandlung
beseitigt werden zu können
·
Bedürfnis, die eigene Gesundheit im Leben kontrollieren zu
können
·
selbstbewusste und vorinformierte Patienten mit eigenen
Vorstellungen von Krankheit und Gesundheit
Aber auch schlechte Erfahrungen mit Ärzten oder Kliniken, sowie akute private
Probleme können hinter unerklärbaren Reaktionen stecken.
Eigenes Verhalten hinterfragen: Habe ich Vorurteile?
Auch das Verhalten von Arzt oder Mitarbeitern spielt eine bedeutsame
Rolle. Zum einen wird ein „schwieriger Patient“ manchmal erst im Team dazu
gemacht, zum Beispiel durch abfällige Bemerkungen im Beisein anderer. Zum
anderen empfindet nicht jeder die gleichen Personen als schwierig. Man sollte
sich deshalb bei Problem-Patienten ehrlich fragen: Verhalte ich mich bei jedem
Patienten neutral? Habe ich Vorbehalte gegenüber bestimmten Personengruppen?
Merkt man mir vielleicht an, dass ich unter Zeitdruck stehe? Vermittle ich
Patienten das Gefühl, dass sie mich stören? Studien zufolge scheinen Ärzte mit
folgenden Merkmalen besonders häufig über schwierige Patienten zu klagen:
·
Ärzte mit großer Arbeitsbelastung
·
Äarzte mit geringer
Arbeitszufriedenheit
·
Ärzte mit geringer Kommunikationsfähigkeit
·
Ärzte mit wenig beruflicher Fortbildung
Wichtig: Ist man sich seiner unangenehmen Gedanken und
Gefühle bewusst ist, lässt sich eigenes „schwieriges Verhalten“ besser
kontrollieren.
11 Tipps, um schwierige Arzt-Patientenbeziehungen zu entspannen
1. Nehmen Sie die
Perspektive des Patienten ein, um Reaktionen besser nachvollziehen zu können.
2. Gestehen Sie Patienten
Eigenverantwortung zu und beteiligen Sie sie an der Entscheidungsfindung.
3. Begegnen Sie
misstrauischen Patienten mit Transparenz, indem Sie Ihren Werdegang darstellen
oder auf Ihre Erfahrung verweisen.
4. Stempeln Sie
verhaltensauffällige Patienten nicht vorschnell als gestört ab und vermeiden
Sie abwertende Kommentare in Anwesenheit Ihrer Mitarbeiter.
5. Stellen Sie
Patienten, die ihre Beschwerden sehr ausschweifend schildern, konkrete Fragen.
6. Nehmen Sie
Kritik, z.B. über lange Wartezeiten oder das Klinikessen ernst. Statt sich zu
verteidigen, hilft es oft, den Ärger auslaufen zu lassen und Verständnis zu
zeigen.
7. Versuchen Sie in
Ihrer begrenzten Zeit nicht den Patienten umzuerziehen, sondern bieten Sie
Hilfe und Lösungsvorschläge an.
8. Planen Sie für
sich selbst kurze Pausen ein.
9. Verlassen Sie
bei „harten Brocken“ kurz den Raum und atmen Sie durch.
10. Seien Sie
selbstbewusst und beziehen Sie Probleme und Konflikte nicht automatisch auf
sich selbst.
11. Nehmen Sie die
Grundregeln der Kommunikation besonders ernst.
Wenn die Chemie gar nicht stimmt: Patienten an Kollegen verweisen
Anke Handrock, Zahnärztin und Coach für
Patientenkommunikation, empfiehlt in einem Beitrag der Zahnärztlichen
Mitteilung Patienten, die man als akut unsympathisch empfindet, an Kollegen zu verweisen,
die man fachlich schätzt, aber mit denen man persönlich "nicht unbedingt
in Urlaub fahren" möchte. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein derartiger
Kollege und der unsympathische Patient gut verstehen, sei relativ groß.
Voraussetzung sei jedoch, dass man den Kollegen als fachlich qualifiziert
einschätzt, denn die Empfehlung eines Kollegen falle auf den empfehlenden Arzt
zurück.
Weitere nützliche Tipps für eine entspannte Arzt-Patienten-Beziehung
Ein wichtiger Faktor für die Patientenzufriedenheit sind kurze Wartzeiten
in der Praxis. Überprüfen Sie anhand einer Checkliste mit 12 Empfehlungen für kürzere Wartezeiten >>, wie Sie Ihre
Terminplanung optimieren können.
Bei aggressiven Patienten reichen Worte nicht immer aus.
Aus
einem Kommentar:
Was ist denn so verwerflich sich von
einem Patienten zu trennen? Bevor man es "aushält" und gegenüberträgt
ist doch eine Trennung (und sei es "nur" für unsere Psychohygiene)
der bessere Weg.
In fast allen Fachgebieten gibt es
Alternativen für den Patienten. Falls nicht ist natürlich die Hemmschwelle zur
Trennung (hoffentlich) höher. Bei mir war das im alten Tätigkeitsfeld
jedenfalls so. Da habe ich alle ausgehalten mangels Alternative für den
Patienten. Das zehrt aber massiv!
Es wäre mir aber neu dass wir
geschworen hätten schlechte Laune wegen innerer Ablehnung haben zu müssen um
einen Patienten um jeden Preis zu behalten. Ich kenne Patienten (wer nicht, mal
ehrlich?) welche erst nach zig Wechseln vielleicht bereit sind zu reflektieren
ob es eventuell auch an ihren liegen könnte. Wenn mehr Kollegen den Mut haben
solchen Pat. offen, respektvoll und konstruktiv zu spiegeln das es Probleme in
der Interaktion gibt welche nicht zwingend von Arztseite her entstehen: Das ist
auch eine Form von Therapie!
Und bevor ich zum Therapeuten muss
weil ich Helfersyndrom mit guter Behandlung (dazu gehört bei mir Ehrlichkeit)
verwechsele ...
Mit diesen Strategien und Ratschlägen zur Gewaltprävention in Praxis und Klinik
>> können Sie sich
und Ihr Team vor gewaltbereiten Patienten schützen.
Aggressive Patienten:
So schützen Sie sich und Ihre Mitarbeiter
Ärzte sehen sich zunehmend verbalen oder körperlichen Attacken von
Patienten oder deren Angehörigen ausgesetzt – und das sowohl in der Klinik als
auch in Praxen. Auch wenn kein Patentrezept existiert, mit dem sich Gewalt
sicher vermeiden lässt - es gibt doch eine Reihe von Empfehlungen zur
effektiven Vorbereitung auf aggressives Verhalten. Lesen Sie hier, was Sie tun
können, um Gefahrensituationen zu vermeiden und wie
Sie sich und Ihr Team schützen können, wenn die Situation eskaliert.
Hintergrund der Aggressionen: Arzt als Sündenbock
Als Motive der aggressiven Patienten nennt der Psychiater und Autor
Bernhard Mäulen unter anderem Ärger über ein
vermeintlich falsches Gutachten oder das Gefühl, fehlbehandelt worden zu sein.
Auch das Verweigern von gewünschten Maßnahmen, wie z.B. Verschreibungen, zähle
dazu. Die Politik trägt nach Ansicht Mäulens
ebenfalls eine Mitschuld: Rationierungsmaßnahmen und Diskussionen um
Korruption, Fehlervertuschung und
Wartezeitenmanagement („Ärztebashing“) schürten
indirekt Aggressionen gegen Ärzte.
Spezielle Gefahrensituationen: Notdienst, Ambulanz, Hausbesuche
Neben Psychiatern, Nervenärzten und Psychotherapeuten sehen sich auch
Hausärzte sowie Ärzte in Bereitschafts- und Notdiensten bzw. in der Notambulanz
häufiger mit bedrohlichen Situationen konfrontiert. Auch viele coliquio-Nutzer berichten vonErfahrungen mit aggressiven
Patienten. Demnach fühlen sich sowohl
Ärztinnen als auch ihre männlichen Kollegen bei Hausbesuchen unsicher,
insbesondere nachts und bei Besuchen in sozialen Brennpunkten oder bei
Suchtkranken.
Tipps zur Gewaltprävention: So lässt sich Eskalation vermeiden
Ein Patentrezept zur Vermeidung von Gewalt gibt es bislang nicht.
Dennoch: Deeskalation ist möglich, wenn man weiß wie. Die folgenden Tipps und Stategien tragen dazu bei, gefährliche Situationen
frühzeitig zu erkennen und zu verhindern:
Mentale Vorbereitung: Sich der Gefahr bewusst sein
·
Risikoplan bzw. Leitfaden erstellen: Besprechen Sie mit Ihren Kollegen oder Mitarbeitern,
was im Ernstfall zu tun ist. Spielen Sie gegebenenfalls eine Situation durch
und vereinbaren Sie ein „Codewort“, das den Risikoplan in Kraft setzt. Das
Nürnberger Klinikum etwa informiert sein Personal mittels Leitfaden über den
richtigen Umgang mit Gewalt und Aggression und zeigt auf, wie sich die
Mitarbeiter wehren und an wen sie sich wenden können.
·
Für Risikofaktoren sensibilisiert sein: Psychiatrische oder Sucht-Erkrankungen und Gewalt in
der Vorgeschichte deuten auf ein Gefahrenpotential hin.
Praktische Maßnahmen in Praxis und in Klinik: Vorbeugen schützt
·
Alarmknöpfe einbauen: Über Alarmknöpfe zum Beispiel im Telefon organisieren Sie schnell Hilfe.
Auch der Warnton selbst kann den Angreifer ablenken.
·
Fluchtwege sichern: Sorgen Sie für Rückzugsmöglichkeiten innerhalb der
Behandlungsräume und für offene Fluchtwege aus der Gefahrenzone.
·
Potenzielle „Wurfgeschosse“ entfernen: Achten Sie darauf, dass keine gefährlichen
Gegenstände im Wartebereich und in den Behandlungszimmern vorhanden sind.
·
Videoüberwachung einbauen: Kameras können zu einem gesitteteren Verhalten der Patienten oder
Angehörigen führen. Außerdem lässt sich nach einem Vorfall dieser später
rekonstruieren bzw. belegen.
·
Fortbildungen und Kurse: Einige Kliniken bieten für ihre Mitarbeiter Seminare zur Deeskalation und
zur richtigen Kommunikation mit schwierigen Patienten an. Auch ein
Selbstverteidigungskurs stärkt das selbstbewusste Auftreten und trainiert, wie
man sich effektiv und "patientenschonend" wehren kann.
Nächtlicher Bereitschaftsdienst: Gut vorbereitet sein
·
Gefährliche Einsätze vorbereiten: Nehmen Sie, wenn Sie sich unsicher fühlen, bei
nächtlichen Hausbesuchen eine weitere Person mit. Auch ein Hund kann Sicherheit
bringen. Ist das nicht möglich, informieren Sie jemanden über Ihren Einsatzort
oder nehmen Sie gegebenenfalls ein Taxi und lassen Sie den Fahrer warten.
Achten Sie auf einen freien Fluchtweg.
·
Sichern der Praxis: Licht und Bewegungsmelder vor den Praxisräumen helfen gegen Personen, die
sich im Dunkeln verstecken. Ein Türspion erlaubt
einen ersten Überblick über Zahl und Verhalten der Besucher. Lassen Sie von
außen nicht erkennen, wenn Sie nachts allein in der Praxis sind (Vorhänge,
Jalousien).
·
Taschenalarm: Tragen Sie einen Taschenalarm bei sich. Das Warnsignal kann Angreifer verunsichern.
Im Ernstfall: Kommunikation ist das A und O
Ist man mit einem aggressiven Patienten konfrontiert, spielt die
Kommunikation eine große Rolle. Erst wenn mit Worten nichts mehr zu erreichen
ist, sollten weitere Maßnahmen erfolgen. Wichtig: Handeln Sie möglichst niemals
allein!
·
Setzen Sie Grenzen: Vergreift sich ein Patient im Ton, weisen Sie ihn höflich aber bestimmt
darauf hin, dass Sie sein Benehmen nicht tolerieren.
·
Sprechen Sie mit dem Angreifer: Geben Sie dem Angreifer das Gefühl, dass sein Anliegen
gehört und als wichtig empfunden wurde. Bieten Sie ihm Lösungen an. Manchmal
hilft auch das Angebot einer Tasse Kaffee, um die Situation zu entschärfen.
·
Lenken Sie ihn ab: Wenn die Situation bedrohlich wird, versuchen Sie es mit Ablenkung, etwa
indem Sie einen Telefonanruf vortäuschen oder ihn durch laute Geräusche
(Schreien, Warnsirene) erschrecken.
·
Im schlimmsten Fall - Flüchten: Wenn nichts mehr hilft, bringen Sie sich und Ihre
Mitarbeiter in Sicherheit!
Übrigens:
Laut eines Artikels der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein ist es aus Sicht der Juristen durchaus zulässig, wenn ein Arzt bei
gewalttätigem oder beleidigendem Verhalten des Patienten die Behandlung
abbricht. In Notfallsituationen müsste die Bedrohung des Arztes aber schon sehr
konkret sein, um diesen Schritt zu rechtfertigen. Der Abbruch der Behandlung
sollte die absolute Ausnahme sein. Der Autor des Artikels weist in diesem
Zusammenhang daraufhin, dass die Rechte der Patienten durch das „Patientenrechtegesetz“ bereits geschützt seien. Dem
gegenüber fehle aber seitens der Ärzte ein „Praxisrechtegesetz“,
das wiederum Sie und Ihr Personal vor Attacken durch Patienten schütze.
Damit auch Sie als Arzt gesund bleiben und die Freude an Ihrer Tätigkeit
erhalten, ist eine gut funktionierene Beziehung zu
Ihren Patienten essenziell. Lesen Sie deshalb hier, wie Resilienz im Arztberuf gelingen
kann >>.
Damit auch Sie als Arzt gesund bleiben und die Freude an Ihrer Tätigkeit
erhalten, ist eine gut funktionierende Beziehung zu Ihren Patienten essenziell.
Lesen Sie deshalb hier, wie Resilienz im Arztberuf gelingen kann
>>.
Quellen:
Zusammengestellt aus Artikel von https://www.coliquio.de am 21. Februar 2016
Humoristische Aufarbeitung auf: http://www.sportmedpraxis.com/Humor_Neu.htm